Von Destina Üçdemir, LJR-Vorsitzende
Schon vergessen? Im November 2022 veröffentlichte der Deutsche Ethikrat seine Ad-hoc-Empfehlung »Pandemie und psychische Gesundheit«, in welcher er »Aufmerksamkeit, Beistand und Unterstützung« für Kinder und junge Menschen in und nach gesellschaftlichen Krisen einforderte. Die Versorgungssituation für junge Menschen, die in Krisensituationen psychische Probleme entwickeln, müsse schnell und nachhaltig verbessert werden. Hintergrund der Mahnung war seinerzeit die ausgehende COVID-19-Pandemie, in welcher der jungen Generation große Solidarität abverlangt worden sei, da sie »durch die Pandemie selbst sowie durch die zu ihrer Bekämpfung ergriffenen Maßnahmen« großen psychischen Belastungen ausgesetzt gewesen war. »Wir schulden als Gesellschaft«, so betonte Alena Buyx, die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, »Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen nicht nur Dank und Respekt, sondern konkretes Handeln. Deshalb müssen unterstützende Angebote ausgebaut, Versorgungslücken müssen geschlossen und es muss unbedingt vermieden werden, dass junge Menschen in aktuellen und zukünftigen gesellschaftlichen Krisen als erste bzw. besonders viele Lasten tragen müssen.« Geschehen ist seitdem wenig. Selbst psychisch schwer kranke Kinder und Jugendliche bekommen in Deutschland häufig nicht rechtzeitig einen Psychotherapieplatz, denn es gibt extrem lange Wartezeiten bis zu einem halben Jahr. So sehr psychische Gesundheit nicht nur junger Menschen quasi zu einem Modethema in öffentlichen Debatten geworden ist, so sehr liegt es real im Argen. Grund genug für punktum, das zu thematisieren, woran es hakt und was psychisches Unbehagen auslöst.
Nicht vergessen! Eine andere Art von Unbehagen gab es im Verhältnis zwischen den Jugendverbänden in Hamburg und der Sozialbehörde. Hintergrund war die vom Landesjugendamt initiierte Überprüfung der Jugendverbände durch den Verfassungsschutz (siehe letztes punktum-Heft 3+4/23). Der Vorfall beschäftigte weit über ein halbes Jahr nach dem Bekanntwerden die Ehrenamtlichen in den Jugendverbänden. Es gab kleine schriftliche Anfragen an den Senat in der Bürgerschaft und Presseberichte. Auf der Vollversammlung vor über 120 Ehrenamtlichen aus den Hamburger Jugendverbänden stellte dann Petra Lotzkat, Staatsrätin der Sozialbehörde, im Januar dieses Jahres klar, dass es diese Überprüfung beim Verfassungsschutz nicht hätte geben dürfen. Zudem versprach sie personelle Konsequenzen im Landesjugendamt und sagte zu, über diese auf einer folgenden Vollversammlung zu berichten. Diese fand im Mai statt, wiederum vor großer Kulisse der Hamburger Jugendverbandsszene. Petra Lotzkat berichtete, dass in der Sozialbehörde seitdem mehrere Schritte unternommen wurden, um eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Jugendverbänden wieder zu ermöglichen. Wir bedanken uns für das offene Gespräch auf unseren Vollversammlungen und freuen uns auf den weiteren Austausch. Ebenso bedanken wir uns bei allen LJR-Delegierten und Vertreter:innen weiterer Jugendverbände für ihre Beharrlichkeit und die offene Diskussion.
Vergissmeinnicht. Der Name benennt eine Blume. Für uns bedeutet er: gemeinsam beharrlich zu bleiben. Nur so können wir für die Interessen junger Menschen einstehen.