Landesjugendring Hamburg e.V.
Heft 3-2022, Rubrik Vielfältige Jugendarbeit

Alles zu teuer!?

Junge Menschen in der Preisspirale

Von Hanna Lubcke, Hamburg

Mehr als die Hälfte der 15- bis 24-Jährigen lebt – nach einer aktuellen Umfrage vom Statistischen Bundesamt (August 2022) – hauptsächlich vom Einkommen der Familie. Nur 38% der jungen Menschen verdienen ihr Haupteinkommen selbst. Diese finanzielle Abhängigkeit scheint zwar auf den ersten Blick normal, befinden sich die meisten Jugendlichen und jungen Menschen noch in der Ausbildung. Doch der Trend, immer später auf eigenen Beinen zu stehen, hat sich verstärkt: 1991 lebte noch über die Hälfte der jungen Menschen vom eigenen Einkommen.
Wer heute in der Ausbildung oder im Studium steckt, der weiß, dass zwischen Ausbildungsvergütung oder BAföG-Satz und den tatsächlichen Lebenshaltungskosten oft eine große Lücke klafft. Mit den rasant steigenden Preisen der letzten Monate stellt sich die Frage, wie diese sich auf die Situation von jungen Menschen auswirken: In welchen Bereichen merken junge Menschen die Teuerungen? Und wie wirken sich diese auf die Perspektive der finanziellen Unabhängigkeit aus? punktum hat dazu ein paar Stimmen junger Menschen eingefangen.

Ariyaneh, 20, FSJ im Krankenhaus
»Aktuell wohne ich noch zu Hause, weil alles andere erstmal nicht finanzierbar ist. Zum Glück muss ich nicht auf all zu viel verzichten, weil meine Freunde und ich einander helfen, wenn einer gerade nicht das Geld hat. Vieles wird aktuell auch eher geteilt, als dass es sich jeder kauft.«

Zouina, 19, Studentin
»Ich wohne bei meinen Eltern – und somit ist für Lebensmittel und das Nötigste gesorgt. Mit den Preissteigungen ist aber das Ausziehen auch erstmal abgeschrieben. Trotzdem habe ich allgemein Glück mit meiner Situation. Die Teuerungen merke ich selbst eigentlich nur beim Tanken und beim Verzicht auf Sachen wie außerhalb Essen gehen.«

Riz, 24, Student
»Ich lebe in einer WG mit drei weiteren Leuten und merke die Teuerungen am allermeisten beim Einkaufen. Alles kostet gefühlt drei Mal so viel wie früher. Ich gehe nur noch zu Discountern zum Einkaufen, weil es da noch einigermaßen bezahlbar ist. Ansonsten habe ich alle Fixkosten soweit es geht runtergedreht. Ich habe trotzdem Angst vor der Nebenkostenabrechnung dieses Jahr und würde mir wünschen, dass diese Teuerungen nicht auf die Endverbraucher abgewälzt werden.«

Noa, 22, Tischlerin in der Ausbildung
»Ich wohne nicht mehr bei meinen Eltern und die Preissteigerungen machen sich beim Einkauf besonders bemerkbar. Ich versuche günstiger und auch weniger einzukaufen, also nur noch für die nötigen Mahlzeiten. Auch Urlaub wird in diesem Jahr wohl wegfallen. Unser Vermieter uns auch schon empfohlen, unsere Nebenkostenabschläge zu erhöhen. Wie viel es am Ende wirklich wird, wissen wir aber noch nicht. Die Teuerungen sind schon eine große Belastung, weil man bei allem, was man macht, die Preise im Kopf hat und ständig nachrechnet, was man sich noch leisten kann.«

Luca, 22, Ausbildung zur Sozialpädagogischen Assistenz
»Ich wohne in einer WG. Da meine Ausbildung eine schulische Ausbildung ist, bekomme ich kein Ausbildungsgehalt. Ich lebe derzeit von Schüler-BAföG (Höchstsatz liegt bei 585€!), Kindergeld und Arbeitslosengeld 2, was bis jetzt ganz gut ausgereicht hat. Aber ich merke, dass es knapper wird. Wir heizen z.B. mit Gas – und aufgrund der derzeitigen Situation merke ich vor allem, dass unsere Nebenkosten um ein Vielfaches gestiegen sind. Außerdem muss ich mir bei Lebensmittel-einkäufen mehr Gedanken machen, was ich mir leisten kann und was nicht. Auch muss ich mein Bier jetzt eher am Kiosk trinken und nicht mehr in der Kneipe, um Geld zu sparen oder mir auch mal einen Döner leisten zu können.
Neben meiner Vollzeitausbildung und dem Lernen für die Klausuren bleibt mir quasi keine Zeit für einen Nebenjob. Wenn ich meine Schulleistungen aufrechterhalten will, ist es für mich eigentlich nicht möglich, nebenher Geld zu verdienen. Außerdem würden mir dann die Sozialleistungen gekürzt werden.«

Fabi, 16, Schüler
»Ich wohne bei meinen Eltern. Daher betreffen mich die Preissteigerungen nicht so krass. Beim Thema Essen zum Beispiel merke ich jedoch auch, dass ich es mir teilweise nicht mehr leisten kann, draußen zu essen. Denn es ist echt teuer geworden. Darum überlege ich, mir neben der Schule noch einen Minijob zu suchen, um mir so ein bisschen von solchem »Luxus« weiter leisten zu können.«

 

(Photos: Hanna Lubcke und Internationaler Jugendverein)