Landesjugendring Hamburg e.V.
Heft 2-2012, Rubrik Titelthema

»Ich habe mich erinnert. Du dich auch?«

Niclas Sander (15) über Accessoires zur Erinnerung

Im Audiobeitrag auf der Website wie-wollt-ihr-euch-erinnern.de sagst du, dass du die Rechtsextremisten hasst. Ist das eine gute politische Haltung?

Niclas: Na ja, keine politische Haltung. Hass ist ein sehr starkes Wort. Ich bin halt sehr abgeneigt gegenüber Rassismus und Menschen, die so etwas vertreten. Das kann ich einfach nicht verstehen. Das ist keine normale Einstellung. Das hat meiner Meinung nach nichts mit Politik zu tun. Das ist von deren Seite einfach mal Hass auf eine Gruppe Menschen, die den Personen selber nichts getan hat.

Bist du zufrieden mit dem Projekt »Wie wollt ihr euch erinnern?«

Niclas: Auf jeden Fall. Wir haben den mobilen Stand, das Video, ein Lied. Ich hatte am Anfang nicht gedacht, dass wir so viel machen und mitbestimmen können. Ich hab das zuerst für eine Alibiveranstaltung gehalten, wo die Jugendlichen kommen und am Ende doch nichts entscheiden dürfen.

Und jetzt hast du den Eindruck, dass eure Entscheidungen aufgenommen werden?

Niclas: Wir haben die Möglichkeit, unsere Ideen einzubringen. Alle Arbeitsgruppen, die wir haben, sind von uns aus gekommen. Da war keine vorgegeben. Der ganze Verlauf dieses Projekts hat sich nach unseren Vorstellungen gerichtet.

Zurzeit arbeitest du in der Gruppe Accessoires. Was bedeuten Accessoires für dich?

Niclas: Das Thema wirkt absurd, wenn man sich eine Gedenkstätte für Deportationen vorstellt. Je mehr man sich aber hineindenkt, umso mehr merkt man, dass es eine gute Sache ist. Wir haben vor, Leinenbeutel, die man zum Einkaufen nehmen kann, mit »Erinnere dich« in verschiedenen Sprachen zu bedrucken. Man muss ja auch zeigen, dass Deutschland nicht mehr so ist wie vor 75 Jahren. Gerade die jüngere Generation darf das, was im Nationalsozialismus geschehen ist, nicht aus dem Gedächtnis verlieren, damit so etwas nie wieder passiert.

Aber wenn auf der Tasche nicht steht, woran ich mich erinnern soll. Dann erinnere ich mich vielleicht an meine Einkaufsliste, meine Haustürschlüssel oder Ähnliches.

Niclas: Diese Tasche kann man aber nicht irgendwo kaufen! Die gibt’s nur an der Gedenkstätte. Die Tasche ist eine Art Andenken, zum Beispiel für Schulklassen. Die gucken sich das einmal an, und dann …? Wenn die Schülerinnen und Schüler aber diese Tasche haben, dann werden sie bestimmt darauf angesprochen werden. Gerade weil dieses »Erinnere dich« in verschiedenen Sprachen relativ verrätselt ist, wird man sich mit diesem Thema weiterhin beschäftigen.

Ihr plant auch ein Armband?

Niclas: Da haben wir ein Motiv entwickelt mit einem Spruch: »Ich habe mich erinnert. Du dich auch?« – Auch wieder etwas, was neugierig macht. Ich erinnere mich an die Nazizeit, ich weiß, was da passiert ist, ich bin dagegen, ich will dagegen angehen. Mir ist die Nazizeit nicht egal, auch wenn sie jetzt schon Jahrzehnte her ist.