»Brauchst du Erinnerung?«
Alternative Stadtrundfahrt auf dem Kirchentag
»So viel du brauchst« war das Motto des 34. Deutschen Evangelischen Kirchentages, der vom 1. bis zum 5. Mai in Hamburg stattfand. Auch der Landesjugendring Hamburg beteiligte sich an dem vielfältigen Programm, fragte sinngemäß »Brauchst du Erinnerung?« und bot eine Alternative Stadtrundfahrt an. Das Thema: »Hamburger Christen und die Evangelische Kirche im Nationalsozialismus«. Eine kurzerhand gegründete »AG-Kirchentag« begab sich vorab auf Spurensuche, um dem Spannungsverhältnis von christlichem Glauben und NS-Ideologie in Hamburg auf den Grund zu gehen: Welche Haltungen nahmen die Kirche und ihre Mitglieder ein? Und auf der anderen Seite: Welche Einstellung vertraten die Nationalsozialisten in Bezug auf Religion und religiöse Angelegenheiten? Wie passten der christliche Glaube und die christliche Ethik zur nationalsozialistischen Gruppe der »Deutschen Christen«? Gab es die »Bekennende Kirche« auch in Hamburg – und war sie eine Widerstandsorganisation? Wie positionierte sich die Kirche zur Verfolgung und Ermordung von Juden und anderen Opfergruppen? Wie vollzog sich die Eingliederung von evangelischen Jugendgruppen in Hamburg in die Hitlerjugend? Und wie verhielt sich die Kirche nach 1945 zu ihrer eigenen Rolle im Nationalsozialismus?
Nachdem die Generalprobe eine Woche zuvor im wahrsten Sinne des Wortes ins Wasser gefallen war, konnte die eigentliche Fahrt am Kirchentag mit einem bis auf den letzten Platz besetzen Bus und Sonnenschein beginnen. Ausgehend von den in Wilhelmsburg verlegten Stolpersteinen für Hans und Katharina Leipelt sowie Hermine Baron ging es über den Bruno-Tesch-Platz (Altonaer Blutsonntag) über St. Trinitatis (Altonaer Bekenntnis) vorbei am Untersuchungsgefängnis Holstenglacis (Lübecker Geistliche) zum Jungfernstieg 50 (ehem. Standort der Agentur des Rauhen Hauses und Treffpunkt des Hamburger Zweiges der Weißen Rose). Den Abschluss der Tour bildete die Bonhoeffer Skulptur vor der Hauptkirche St. Petri, wo es noch Raum für weitere Fragen und Diskussionen gab. Die Alternative Stadtrundfahrt »Hamburger Christen und die Evangelische Kirche im Nationalsozialismus« kann nun auch im regulären Programm für Gruppen angefragt werden. (nw)