Landesjugendring Hamburg e.V.
Heft 3-2006, Rubrik Titelthema

Wechselwirkungen HamburgShanghai

Die chinesischen Container-Gebirge im Hamburger Hafen signalisieren die Basis von Hamburgs wachsendem Interesse, sich als die Stadt mit der »größten China-Kompetenz in Europa« herauszustellen. Die »terms of trade« in der Weltwirtschaft haben Chinas Aufstieg zu einem der größten Produzenten westlicher Konsumgüter insbesondere im IT-Bereich möglich werden lassen. Ein Beispiel: Den im hiesigen Geschäft ca. 300 Euro teuren digitalen Musikplayer iPod produzieren chinesische Arbeiter in der Provinz Shenzhen für einen Lohn von umgerechnet 80 Euro im Monat oder 46 Eurocent pro Stunde (und von den Arbeitsbedingungen ganz zu schweigen). Solche Produktionsbedingungen ziehen global agierende Konzerne an, denen Indien oder Taiwan bereits zu teuer geworden ist. Das kommunistisch regierte und ehemals ökonomisch isolierte China treibt darüber (ausländische Kapitalinvestitionen gegen günstige und politisch stabile Produktionsbedingungen) die eigene Industrialisierung und Integration in den Welthandel im rasenden Tempo voran. China gilt als kommende ökonomische »Supermacht« – Shanghai ist der funkelnde Stern dieser Entwicklung.

Hamburg wiederum profitiert als Handelsplattform von dieser chinesischen Entwicklung. Und feiert die 20jährige Städtepartnerschaft mit Shanghai nun im Rahmen der »ChinaTime«, einem bemerkenswerten Zyklus von nahezu 250 Veranstaltungen. Der Landesjugendring Hamburg, der seit sechs Jahren mit der Shanghai Youth Federation einen Jugendaustausch im Rahmen des Städtepartnerschaftsabkommen pflegt, ist im diesem Reigen mit einer Veranstaltung über die Internetentwicklung in China und deren Nutzung durch junge Chinesen beteiligt.

punktum thematisiert zu diesem Anlass Wechselwirkungen – historische und gegenwärtige. Jens Damm analysiert die soziokulturellen und politischen Wirkungen der Internetnutzung in China. Über die soziale Positionierung des Shanghaier YMCA in einer Gesellschaft im Wandel berichtet der YMCA-Generalsekretär Wu Jianrong. Chinesen in Hamburg und Hamburger Flüchtlinge in Shanghai sind die Themen der historischen Beiträge. Lars Amenda beschreibt die wenig bekannte Geschichte des »Chinesenviertels« in St. Pauli ab dem Jahre 1900. Sybille Baumbach und Claudia Thorn wiederum waren in Shanghai auf Spurensuche nach jüdischen Hamburgern, die vor dem Naziregime fliehen mussten. Shanghai war damals der einzige Ort in der Welt, wo Flüchtlinge ohne Visum Aufnahme fanden.
Jürgen Garbers | juergen.garbers[at]ljr-hh.de