Landesjugendring Hamburg e.V.
Heft 2-2022, Rubrik Nachrichten

»Ich werde so lange singen, bis es keine Nazis mehr gibt«

Zum Todestag von Esther Bejarano

Von Jara Hamdorf, Internationaler Jugendverein

Im Juli jährt sich der erste Todestag Esther Bejaranos. Mit ihr verloren wir eine der letzten KZ-Überlebenden unserer Zeit, die sich in ihrem antifaschistischen Engagement immer wieder gegen Spaltung, Rassismus und Diskriminierung stellte. Dabei war die Musik immer an ihrer Seite.

Esther Bejarano wurde am 15. Dezember 1924 als Tochter jüdischer Eltern in Saarlouis geboren. Schon früh begann Esthers Interesse an Musik, sie sang gerne und hatte ein besonderes Talent im Klavierspielen. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 wurden jüdische Bürger und Bürgerinnen zunächst mit immer härteren Gesetzen vom öffentlichen Leben ausgeschlossen. Die Gewalt gegenüber der jüdischen Bevölkerung nahm zu und gipfelte im Holocaust, der über sechs Millionen Juden und Jüdinnen das Leben nahm. Wie viele andere wurde Esther mit 19 Jahren, im April 1943, von einem Arbeitslager in Berlin nach Ausschwitz deportiert. Die Zwangsarbeit, die sie dort verrichten musste, ertrug sie mit ihrem Gesang – beim Steine schleppen sang sie klassische Lieder und auch Schlager. So kam sie zum Mädchenchor in Ausschwitz, jedoch als Akkordeonspielerin. Die Rolle im Mädchenchor befreite sie von der Zwangsarbeit, und so spielte Esther von nun an vor den Wärtern und Gefangenen. Schließlich wurde sie ins KZ Ravensbrück verlegt, bis sie 1945 von den Alliierten befreit wurde.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs war Esther politisch aktiv. Sie engagierte sich für Frieden, Sozialstaatlichkeit und antifaschistische Arbeit. Die Musik begleitete sie dabei weiterhin. Mit der Rapgruppe »Mircophone Mafia« und ihrem Sohn nahm sie ein gemeinsames Album auf und spielte über 100 Konzerte. Ihr Vorsatz mit der Gruppe war: »Ich werde so lange singen, bis es keine Nazis mehr gibt«. Ganz nach diesem Motto trat Esther auch im Fernsehen auf und sang beispielsweise das Lied des jüdischen Widerstands »Sag nie (Zog Nit Keynmal)« in der ZDF-Sendung »Die Anstalt«. So engagierte sie sich für eine Gedenkkultur und stand bis zu ihrem Tod dafür ein, den 8. Mai, den Tag der Befreiung, zum Feiertag zu erklären.

In ihrer Bildungsarbeit setzte sie vor allem einen Fokus auf die Jugendarbeit. Esther besuchte viele Schulen, sprach vor Schülerinnen und Schülern und erzählte von ihren Erfahrungen im Nationalsozialismus. So arbeitete sie aktiv gegen das Vergessen. Auf diese Weise gab sie vielen jungen Menschen mit auf den Weg, sich für eine gerechtere Welt einzusetzen. In einem ihrer Texte, dem Appell an die Jugend, schreibt sie: »1945 war es für uns unvorstellbar, dass Ihr, die Nachgeborenen, erneut konfrontiert sein würdet mit Nazismus, Rassismus, einem wiederauflebenden Nationalismus und Militarismus. Und nun noch die ungeheure Massenarbeitslosigkeit, die immer größer werdende Kluft zwischen arm und reich, die katastrophale Zerstörung der Umwelt. Immer mehr junge Menschen leben in Zukunftsängsten. Wir hoffen auf Euch. Auf eine Jugend, die das alles nicht stillschweigend hinnehmen wird!«

Da immer mehr Zeitzeugen des Nationalsozialismus versterben ist, es wichtig, dass die Gedenkkultur weitergeführt wird, damit die Verbrechen des Nationalsozialismus nie in Vergessenheit geraten! Ob in der Schule oder im Verband, es liegt in den Händen der Jugend weiterhin aktiv zu sein und gemeinsam für eine bessere Zukunft einzustehen.