Landesjugendring Hamburg e.V.
Heft 2-2022, Rubrik Titelthema

Vorwärts zu alten Pfaden

Interview mit stizu (Julia Hering, 25) und talebi (Frida Striewe, 16) vom Pfadfinderstamm Fridtjof Nansen beim Bund Christlicher Gemeinde-Pfadfinder

Seit wann seid Ihr beiden bei den Pfadfindern aktiv?

stizu: Ich bin seit 2007 aktiv – also schon recht lange. Das ist jetzt mein drittes Jahr als Stammesführung.

talebi: Und ich seit acht Jahren. Allerdings bin ich noch nicht so lange in der Stammesführung – erst seit Februar. Aber ich habe seit einem Jahr eine eigene Gruppe.

Wie laufen Eure Treffen?

talebi: Das kommt so ein bisschen auf das Alter der Kinder an. Mit den jüngeren Kindern, die zwischen sechs und neun sind, spielen wir eher. Die Gruppe lernt spielerisch die Natur kennen, singt ganz viel, macht Ausflüge und noch nicht längere Fahrten. Je älter dann die Pfadies werden, desto länger werden die Fahrten. Auf den Treffen wird viel Pfadfindertechnik vermittelt, wir sprechen auch mal über ernstere Themen oder unterhalten uns einfach. Zudem stehen viele kreative Dinge auf dem Programm, zum Beispiel basteln wir viel.

stizu: Im Durchschnitt trifft sich jede Gruppe einmal in der Woche. Das Programm der Treffen legen wir in einer Halbjahresplanung fest. Da beziehen wir natürlich die Kinder mit ein und fragen, worauf sie Lust haben.

Und – abgesehen von der Pandemie – geht Ihr regelmäßig auf Fahrt?

talebi: Das ist wieder vom Alter abhängig. Mit den Kleinen machen wir vor allem viele Tagesausflüge und fahren auch mal ein Wochenende weg. Dann aber nicht unbedingt in die freie Natur sondern eher in ein Pfadfinderheim oder in ein Gemeindehaus. Aber die Älteren machen viele Fahrten übers Wochenende. Und im Sommer geht es immer auf eine ganz lange Fahrt – mindestens über zwei Wochen. Entweder bereisen wir in ein anderes Land, gehen auf Wanderung, fahren Fahrrad oder paddeln mit Kanus.

Wie habt Ihr Eure Treffen und Veranstaltungen in der Pandemiezeit gestaltet?

stizu: Es war auf jeden Fall erstmal eine große Umstellung, weil wir ja eigentlich so gut wie gar nichts mit Technik am Hut haben – also mit Smartphone und PC auf unseren Treffen. Das war eine ganz neue Erfahrung in der Zeit des Lockdowns, sich darüber zu vernetzen. Das bringt aber auch viele neue Sachen mit, die uns vorher nicht so bewusst waren. Zum Beispiel ist es ganz praktisch für ein kurzes Treffen, dieses Online zu machen, gerade wenn man an entfernten Orten wohnt. Ein Klick nur – ein großer Vorteil.

talebi: Ja, wir haben unsere Treffen während des Lockdowns dann einfach über Zoom weitergeführt und versucht, so gut es geht, die normalen Pfadfindersachen zu machen. Die Pfadfinder sind ja sehr verspielt, und deswegen haben wir viel gespielt. Und per Zoom sogar Pfadfindertechnik gelernt. Und wir haben viele Online-Spiele ausprobiert: zum Beispiel haben wir Code-Names, Montagsmaler, Stadt-Land-Fluss oder Werwolf gespielt.

stizu: Wir sind echt kreativ geworden, was sehr lustig war.

talebi: Ja, genau. Wir haben natürlich auch gebastelt und gebacken. Gerade Backen konnte man tatsächlich besser als ohne Corona. Unsere Küche im Heim ist sonst immer total voll, so konnten alle ganz entspannt zuhause in ihrem Tempo backen und man hat sich dabei unterhalten. Das hat auf jeden Fall immer richtig viel Spaß gemacht.
Aber jetzt sind wir sehr, sehr froh, dass wir uns wieder in Präsenz treffen können.

Sind denn viele Fahrten ausgefallen in der Coronapandemie-Zeit?

stizu: Das richtige Wegfahren ist auf jeden Fall weggefallen, aber wir haben uns meistens ein Alternativprogramm überlegt. Das lief dann online, und zum Herbst hin haben wir die Lage durch Schnelltests gut hinbekommen. Wir mussten ein Hygienekonzept schreiben; das war auch nochmal alles Neuland. Da gab es ja ständig irgendwelche neuen Regelungen. Da mussten wir immer nochmal gucken: »Okay, wie können wir das organisieren?« Manchmal haben wir uns dann wieder umentschieden und etwas online gemacht, weil die Regelungen und Bestimmungen wieder anders waren. Letztendlich haben wir vor allem versucht, die Motivation bei unseren Leuten hoch zu halten.

talebi: Ja, um gestärkt aus der Pandemie herauszukommen. Die Gruppenstunden haben bei allen Gruppen weiter stattgefunden. Die Teilnahme ist aber zum Ende des zweiten Lockdowns ein bisschen gesunken, und die Beteiligung hat vor allem bei den Online-Meetings abgenommen. Aber immer, wenn wir uns dann wieder in Präsenz getroffen haben, sind auch wieder richtig viele Leute gekommen.

Ihr habt also nicht das Gefühl, dass Ihr Aktive verloren habt durch die Coronapandemie?

talebi: Nein, eigentlich überhaupt nicht.

Habt Ihr Pläne, wie Ihr nach Corona weitermachen wollt?

stizu: Erstmal freuen wir uns natürlich, dass wir überhaupt mal wieder relativ normal auf Fahrt fahren können und die Gruppenstunden ganz normal in Präsenz stattfinden können. Wir hoffen, dass es nicht nochmal weitere Rückschläge oder eine neue Variante gibt, die uns wieder in einen Lockdown versetzen. Wir wollen erstmal wieder zur Normalität finden, wieder ganz viel in der Natur sein und Dinge zusammen erleben können.

talebi: Man hat schon gemerkt, dass einerseits Sachen, die für uns normal sind – wie zum Beispiel gemeinsam aus einer Flasche zu trinken, nicht mehr zur Normalität gehören. Andererseits sind bestehende Pfadfinderrituale wieder neu einzuüben. Beim Schluss eines Treffens bilden wir immer einen Abschlusskreis und geben uns dabei die Hände. Solche Sachen müssen wir gerade den jüngeren Kindern, die erst seit Corona dabei sind, neu beibringen. Und alte Sitten wieder einführen, zum Beispiel, dass alles geteilt wird und so. Das war während Corona ja gar nicht möglich. Grundsätzlich versuchen wir, da wieder anzuknüpfen, wo wir vor Corona aufgehört haben.

(Das Interview führte Charlotte Schindler, LJR Hamburg)