Landesjugendring Hamburg e.V.
Heft 1-2021, Rubrik Kommentar

Hamburg braucht ein Beteiligungsgesetz

Die Corona-Pandemie und die notwendigen Maßnahmen zu ihrer Eindämmung haben massive Auswirkungen auf den Alltag von Kindern und Jugendlichen. Die Belastungen durch die Kontaktbeschränkungen, den Lockdown und das Homeschooling sind mittlerweile in mehreren Studien eindeutig nachgewiesen. Von den politischen Entscheider*innen wurde diese besondere Last für Kinder und Jugendliche zwar frühzeitig erkannt und wiederholt betont, dass ihre Belange mit besonderer Rücksicht behandelt würden. Jedoch haben sie junge Menschen dabei in erster Linie als Schüler*innen und Kita-Kinder in den Blick genommen. Ihre Bedürfnisse, die über die Beschulung und Betreuung hinausgehen, werden selten wahrgenommen und diskutiert. Vor allem aber werden junge Menschen kaum in die Entscheidungsfindung eingebunden : Es wird über sie gesprochen – aber nicht mit ihnen. Seit Beginn der Pandemie wird es in Hamburg als nicht relevant bewertet, ob Kinder und Jugendliche die Möglichkeit haben, die Gestaltung der Krisenpolitik mitzubestimmen. Als Landesjugendring fordern wir daher weiterhin die Schaffung eines Expertengremiums, dem junge Menschen angehören und in dem die Eindämmungsmaßnahmen beraten werden.

Die Pandemie hat deutlich gezeigt, wie schwach das erklärte Ziel einer eigenständigen Jugendpolitik – in der die Lebensphase Jugend als Ganzes im Mittelpunkt steht, an deren Gestaltung junge Menschen beteiligt werden und die ressortübergreifend formuliert wird – strukturell verankert ist. Die kommenden Monaten, in denen ein Ende der Pandemie in Sicht kommen wird, sollten wir daher nicht nur dafür nutzen, um über kurzfristige Maßnahmen zu sprechen, mit denen die Entbehrungen von Kindern und Jugendlichen aufgefangen werden könnten. Wir sollten sie ebenso zum Anlass nehmen, um darüber zu sprechen, wie wir die Mitwirkung der jüngeren Generationen an politischen Entscheidungen besser als bisher strukturell verankern können. Angesichts der offensichtlichen politischen Unterrepräsentation junger Menschen und einer zunehmend alternden Gesellschaft wäre die verbindliche Beteiligung und Repräsentation von Kindern und Jugendlichen in politischen Entscheidungsprozessen ein bedeutender und dringender Schritt. Wir brauchen vielfältige und krisenfeste Wege, in denen Kinder und Jugendliche direkt oder über Schulen, die Offene Kinder- und Jugendarbeit oder die Jugendverbände ihre Interessen artikulieren und politische Entscheidungen beeinflussen können. 

In unseren Wahlprüfsteinen zur letzten Bürgerschaftswahl (punktum 1/2020) haben wir den Parteien die Frage gestellt, wie sie die Beteiligung von jungen Menschen in Hamburg stärken und ausbauen wollen. Ob Jugendbeteiligungsgesetz, Jugendmitwirkungsgesetz, ein Jugend-Panel oder eine Änderung des Bezirksverwaltungsgesetzes – die Parteien haben unterschiedliche Ideen dafür. Auch auf Bundesebene gibt es mit der geplanten Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz, der Stärkung des Jugend-Checks oder einer möglichen Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre verschiedene politische Initiativen in diesem Feld. Jetzt, wo die Coronapandemie die bisherigen Leerstellen unübersehbar freigelegt hat, muss es darum gehen, aus diesen Ideen gemeinsam mit jungen Menschen praxistaugliche Lösungen zu entwickeln, die die Jugendbeteiligung nachhaltig stärken. Als Landesjugendring werden wir die Entwicklungen – gerade auch mit Blick auf die anstehende Bundestagswahl im September – aufmerksam verfolgen und fordern, dass aus den Ideen endlich Gesetze werden.