Landesjugendring Hamburg e.V.
Heft 2-2019, Rubrik Titelthema

Eine Stimme und ein sehr langer Stimmzettel

Die Wahl des EU-Parlamentes

Bei der Europawahl am 26. Mai 2019 bewerben sich bundesweit insgesamt 1.380 Kandidaten/innen um die der Bundesrepublik Deutschland zugewiesenen 96 Parlamentssitze. Darunter sind 479 Frauen. Es treten insgesamt 41 Parteien und sonstige politische Vereinigungen mit gemeinsamen Listen für alle Bundesländer beziehungsweise mit Listen für einzelne Länder an. Da – wie üblich – die CDU in allen Bundesländern außer Bayern, die CSU jedoch nur in Bayern antritt, enthalten die Stimmzettel in jedem Bundesland 40 Wahlvorschläge.

In Deutschland erfolgt die Wahl nach den Grundsätzen der Verhältniswahl mit Listenwahlvorschlägen. Jede/r Wähler/in hat eine Stimme. Da die Listen der Parteien und sonstigen politischen Vereinigungen geschlossene Listen sind, die Reihenfolge der Bewerber/innen wurde von den Parteien durch Wahl festgelegt, kann der/die Wähler/in – anders als bei den Wahlen der Hamburger Bezirksparlamente – mit seiner Stimme nur eine Gesamtliste und nicht einen einzelnen Kandidaten/in wählen.

Das Europäische Parlament wird 2019 zum neunten Mal gewählt. Um die Wahlgewohnheiten der Mitgliedsländer zu berücksichtigen, findet die Wahl nicht an einem Tag sondern im Zeitraum vom 23. bis 26. Mai 2019 statt. Insgesamt werden 751 Abgeordnete gewählt. Jeder EU-Bürger, der mindestens 18 Jahre alt ist, kann seine Stimme abgeben. Eine Ausnahme gibt es: In Österreich und Malta dürfen bereits 16-Jährige an der Europawahl teilnehmen. Insgesamt sind rund 400 Millionen EU-Bürger wahlberechtigt.

Die Europawahl ist allgemein, unmittelbar, frei, geheim – aber nicht gleich. Jede Stimme zählt nur innerhalb ihres Landes gleich viel, nicht aber für das Ergebnis der Europawahl insgesamt. Das liegt am Prinzip der »degressiven Proportionalität«, dem zufolge größere Länder grundsätzlich mehr Abgeordnete haben als kleinere, kleinere Länder jedoch mehr Abgeordnete pro Einwohner als größere. Nach dem Vertrag über die Europäische Union (Art. 14) entsenden kleinere Länder wie Malta, Zypern, Luxemburg 6 Abgeordnete ins EU-Parlament, während Deutschland als bevölkerungsreichstes Land der EU 96 Abgeordnete stellt.

Nach dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union gibt der Europäische Rat zwar einheitliche Bestimmungen für die Wahl vor. So gilt das Verhältniswahlrecht in allen Mitgliedsländern, die genaue Ausgestaltung bleibt jedoch nationalen Wahlgesetzen überlassen. Daraus ergeben sich zahlreiche Unterschiede: So haben viele kleinere EU-Staaten wie Portugal, Malta oder Estland keine Sperrklauseln, während zumeist größere Länder wie Frankreich oder Italien über eine solche verfügen, die bis zur Fünf-Prozent-Hürde reicht. In Deutschland hatte das Bundesverfassungsgericht bereits vor der EU-Wahl 2014 die zuvor geltende Drei-Prozent-Hürde im deutschen Europawahlgesetz ersatzlos gestrichen, so dass eine Kleinstpartei wie Die Partei in das EU-Parlament einziehen konnte. Durch das das Sitzzuteilungsverfahren in Deutschland ergibt sich jedoch eine implizite Hürde von etwa 0,5 % der Stimmen, die notwendig sind, um einen Sitz im EU-Parlament zu erlangen. Es gibt noch weitere nationale Unterschiede: In einigen EU-Staaten kann der Wähler einen Kandidaten auf dem Wahlzettel direkt ankreuzen, in anderen – wie in Deutschland – sein Kreuz nur bei einer Partei machen und hat somit keinen Einfluss auf die Rangfolge der Kandidaten. Und eine letzte Besonderheit: Nur in Belgien, Griechenland, Luxemburg und Zypern besteht eine Wahlpflicht. Bei der letzten Wahl in 2014 lag die Wahlbeteiligung im EU-Durchschnitt bei 42,6%. Das Schlusslicht bildete die Slowakei mit 13%, Belgien war auf Grund der Wahlpflicht Spitzenreiter mit 89,6%. In Deutschland nahmen zuletzt 48,1% aller Wahlberechtigten teil.