Landesjugendring Hamburg e.V.
Heft 3+4-2017, Rubrik Kommentar

Aus alt mach' neu?!

Von Laura Vanselow, LJR-Vorsitzende

Alt gleich neu?! Ja und nein – und das ist gut so. Wer sich das Gruppenbild des frischgewählten LJR-Vorstandes anschaut, entdeckt nicht viel Neues. Vier der fünf Gesichter dürften bekannt sein. Ich freue mich sehr, dass mit Anne Dewitz, Melissa Kleist und Daniel Knoblich sich noch drei weitere mit mir entschlossen haben, erneut als Vorsitzende anzutreten. Genauso freue ich mich über das neue Gesicht in unserem Gruppenbild: Kevin Otte (DGB-Jugend), der neu in den Vorstand gewählt wurde.

          
Für eine gute Vorstandsarbeit sind frische Menschen mit neuen Ansichten und Herangehensweisen ebenso wichtig wie ein gewisses Maß an Beständigkeit. Als seinerzeit gänzlich neuer Vorstand brauchten wir Zeit, um uns zurechtzufinden. Wir haben gerungen, uns ein um das andere Mal missverstanden, waren am Verzweifeln – und kamen nach und nach immer besser ins gemeinsame Arbeiten, ins produktive Diskutieren und auch mal zum Bierchen trinken. Ebenso ist unsere Beziehung zu politischen und behördlichen Vertreter/innen gewachsen. Anfänglich standen nach Treffen nicht selten die Fragen im Raum: Konnten wir unseren Punkt deutlich machen? Sehen unsere Gesprächspartner das genauso wie wir? Hat man uns zugesagt, etwas Konkretes zu unternehmen, oder doch nur Verständnis und Sympathie bekundet? Das haben die vergangenen anderthalb Jahre Vorstandsarbeit auf jeden Fall gebracht: ein gut funktionierenden Vorstandsteam. Was habt ihr erreicht – wo wollt ihr hin? Hörte man sich die Pläne für die kommende Vorstandsperiode der zu wählenden Kandidaten/innen während der Vorstellung auf der Vollversammlung (VV) an, dann traf man auf bekannte Themen: Mehr Mittel für die Jugendverbandsarbeit, Engagementförderung – School-Life-Balance und Bürokratieabbau. Diese drei Meilensteine geben für die nächsten zwei Jahre die grundsätzliche Marschrichtung vor. Schön ist, dass wir in jedem der drei Bereiche nicht bei null anfangen, sondern auf der Arbeit der letzten Jahre aufbauen können. In Bezug auf den VV-Beschluss »Mehr Mittel für die Jugendverbandsarbeit« ist es uns durch viele Gespräche gelungen, Politik und Behörden nicht nur von der Dringlichkeit des Themas zu überzeugen, sondern auch einen diesbezüglichen Konsens in den Fraktionen der Hamburger Bürgerschaft (abgesehen von der AFD – mit der wir nicht sprachen) herzustellen. Nun zählt es, nicht locker zu lassen, so dass aus dieser prinzipiellen Sympathie im kommenden Haushalt 20/21 der Stadt eine konkrete Mittelsteigerung für die Arbeit der Hamburger Jugendverbände wird. Ein kleiner Teilerfolg in diesem Bereich stellt auch die Nachbesetzung offener Stellen in der BASFI dar. Ähnlich ist die Lage beim VV-Beschluss zu »Engagementförderung und School-Life-Balance«: Der Wert jugendverbandlicher Arbeit für junge Menschen und die Notwendigkeit, dafür zeitliche Freiräume und Anerkennung in der Schule zu schaffen, erfahren bei den schul- oder jugendpolitischen Sprechern der demokratischen Parteien inhaltlich keinen Widerspruch. Was jedoch noch aussteht, ist der Weg zur konkreten Umsetzung. Ein wichtiger Schritt dahin kam vom Schulsenator Thies Rabe mit dem Vorschlag, eine Arbeitsgruppe, bestehend aus Vertreter/innen der Behörde und des Landesjugendrings, einzusetzen. Die Agenda steht. Wir harren nun dem Startsignal aus der Schulbehörde. Sobald diese Arbeitsgruppe ihre Arbeit aufnimmt, gehe ich davon aus, dass Landesjugendring und Schulbehörde gemeinsam Wege erarbeiten und praktikabel machen, wie ein außerschulisches, ehrenamtliches Engagement sowie die Teilnahme an den Angeboten der Hamburger Jugendverbände – neben der richtigen und wichtigen Möglichkeit der ganztäglichen Betreuung an Schulen – auch in Zukunft gesichert werden können. Bis es los geht, heißt es für uns noch Informationen sammeln: Wie sieht es eigentlich aus mit der Dienstanweisung beziehungsweise Richtlinie in Bezug auf die Verteilung der schriftlichen Lernerfolgskontrollen sowie zur Begrenzung der Hausaufgaben, die 2014 aus der Schulbehörde an die Hamburger Schulen erging? Wird das kontrolliert und evaluiert? Wie sieht es aus mit dem freien Nachmittag an den Ganztagsschulen: Welchen Tag hat welche Schule gewählt? Diese und weitere Informationen sind notwendig, um konstruktiv und innovativ mit unseren Forderungen im anstehenden Arbeitskreis umzugehen. Das dritte Thema, das wir aus der letzten Amtszeit mitnehmen, ist die Bestrebung, die Verwendungsnachweise von Mitteln aus dem Landesförderplan für Jugendverbände zu vereinfachen, sowie den Landesförderplan bedarfsgerecht anzupassen. Das ist ein Prozess, der von der BASFI angestoßen wurde. Ein Treffen mit Interessierten aus den Hamburger Jugendverbänden ergab vielfältige Anliegen. Im Sommer dieses Jahres schloss die BASFI dieses Projekt mit vier Änderungsvorschlägen für den Landesförderplan zunächst ab. Diese Änderungsvorschläge wurden auf der vorletzten Vollversammlung diskutiert und kommentiert. So halten wir z.B. die Anpassung in der Nachweispflicht für Teilnehmer/innen von Kinder- und Jugendfreizeiten für einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung, zumal der Aufwand der Verbände bei der Mitnahme von Kindern und Jugendlichen aus einkommensschwachen Familien verringert wurde. Doch beim Thema Bürokratieabbau gibt es noch mehr zu tun. Viele Nachweispflichten erschweren die Jugendverbandsarbeit unnötig. Daher hat die vorletzte Vollversammlung die Einsetzung eines Arbeitskreises beschlossen, um die Sorgen und Verbesserungsvorschläge aus den Hamburger Jugendverbänden zu diesem Thema aufzugreifen und zu gemeinsamen Positionen zu bündeln. Als dafür zuständiges Vorstandsmitglied freue ich mich auf die Begleitung eines produktiven Kreises und bin sehr gespannt, wohin dieser uns – dann hoffentlich mit frischem Geist im nächsten Jahr – führen wird. Und dann noch. Möglicherweise wird ein vierter, größerer Punkt den Landesjugendring in den nächsten zwei Jahren beschäftigen. Die Akzeptanz geschlechtlicher und sexueller Vielfalt ist in unserer Gesellschaft noch immer ein strittiges Thema. Und deshalb ist es wichtig, dass der LJR hier mit einem Projekt vorangeht. Dieses soll im nächsten Jahr beantragt werden, sobald sich der nächste Bewerbungszeitraum für die Bundesmittel öffnet. Mit Freude verabschieden wir uns zunächst vom Thema der LJR-Satzung, nachdem auf der letzten Vollversammlung ein Satzungsänderungsvorschlag des Vorstandes angenommen wurde. Anderen beendeten Projekten aus den letzten eineinhalb Jahren schauen wir wehmütiger hinterher. Viel Freude hat es uns beispielsweise gemacht, die Interaktion zwischen jungen Menschen aus den Jugendverbänden und Hamburger Politikern während der Abschlussveranstaltung des Projektes »ich mache>Politik« zu sehen. Auch die positiven Rückmeldungen aus dem Projekt »Wahl-O-Maten zum Aufkleben« machen Lust auf mehr bildungspolitische Arbeit mit jungen Menschen. Was uns nach eineinhalb Jahren weiterhin am Herzen liegt, ist das gegenseitige Kennenlernen und der Austausch der Jugendverbände untereinander. Und was wäre dafür besser als ein großes Sommerfest – nicht nur für die VV-Delegierten? Ich denke, es wird klar: An Ideen und Lust mangelt es uns nicht – eher an den dafür notwendigen Ressourcen. Ich freue mich auf die nächsten zwei Jahre und hoffe als Teil dieses tollen Vorstandsteams, die Hamburger Jugendverbandsarbeit und ihre demokratiebildende Tätigkeit weiter stärken zu können.