Landesjugendring Hamburg e.V.
Heft 4-2013, Rubrik Titelthema

Interkulturelle Öffnung – warum, wozu und wie geht das eigentlich?

Von Gudrun Bauch, Landesjugendring Hamburg

Deutschland ist ein Einwanderungsland. Obwohl Einwanderung (und auch Auswanderung) immer stattgefunden haben, dauerte es Jahrzehnte bis diese Tatsache gesellschaftlich und politisch anerkannt und ausgesprochen wurde.

Erst in den letzten fünfzehn Jahren hat sich die Debatte um Zuwanderung langsam gewandelt. Damit rückte auch die Frage nach der Integration der Eingewanderten in den Focus. Die Unabhängige Kommission »Zuwanderung« brachte es 2001 auf den Punkt: »In Deutschland wurde lange nur die einseitige ethnisch-kulturelle Assimilation oder Angleichung der Migranten erwartet. Wenn wir heute von Integration sprechen, meinen wir jedoch etwas anderes. Dies macht schon die Wahl der Terminologie deutlich: Der Begriff ›integratio‹ bezeichnet im Lateinischen die ›Wiederherstellung oder die Erneuerung eines Ganzen‹ oder die ›Einbeziehung in ein größeres Ganzes‹. Auch im heutigen Sprachgebrauch beschreibt Integration einen Prozess, zu dessen Gelingen Aufnahme- wie Zuwanderergesellschaft wechselseitig beitragen. Beide Teile sind nicht wegzudenkender Bestandteil eines Ganzen.« (Unabhängige Kommission »Zuwanderung« 2001 S. 200). Dementsprechend fordert die Kommission eine neue Integrationspolitik: »Als politische Aufgabe zielt Integration darauf ab, Zuwanderern eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Leben unter Respektierung kultureller Vielfalt zu ermöglichen« (a.a.O.).

Integration durch Öffnung. Bei der Frage nach der Gestaltung der Integration ist »interkulturelle Öffnung« inzwischen eine zentrale Forderung an die unterschiedlichen gesellschaftlichen Institutionen und Akteure. Im Nationalen Integrationsplan wird sie beispielsweise gegenüber Kommunen genauso erhoben wie an die Organisationen des bürgerschaftlichen Engagements: »Durch interkulturelle Öffnung der Verwaltung und der Institutionen … sowie den Abbau von Zugangsbarrieren sollen alle Bevölkerungsgruppen angemessen vertreten sein und bei der Durchsetzung ihrer Belange kompetent unterstützt werden.« (Presse- und Informationsamt der Bundesregierung / Die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration 2007, S. 111) »Integration durch bürgerschaftliches Engagement und die Stärkung der gleichberechtigten Teilhabe bedarf der Partizipation, eines kompetenzbasierten Engagements sowie der interkulturellen Öffnung traditioneller Vereine, Verbände, Kirchen, Religionsgemeinschaften und Migrantenorganisationen.« (a.a.O., S.174). Durch interkulturelle Öffnung soll also auf die gesellschaftliche Vielfalt eingegangen und die gleichberechtigte Teilhabe ermöglicht werden.

Vielfalt im Spiegel der Statistik. Im Mikrozensus 2005, der repräsentativen Haushaltsbefragung der amtlichen Statistik in Deutschland, wurden erstmals die Themen Migration und Integration aufgenommen. Die Kategorie Migrationshintergrund löste die bisherige Unterscheidung zwischen Deutschen und Ausländern ab. Damit sollten aussagekräftigere Zahlen für die Integrationspolitik zur Verfügung gestellt werden (Statistisches Bundesamt 2006, S.73). Das Ergebnis war deutlich: 18,6% der Bevölkerung von Deutschland, also 15,3 Millionen Menschen zählten zu den Personen mit Migrationshintergrund, davon waren 8,9% (7,3 Millionen Menschen) Ausländerinnen und Ausländer (Statistisches Bundesamt 2009, S.7).
2012 werden im Mikrozensus 20,0% der Bevölkerung von Deutschland (16,3 Millionen Menschen) zu den Personen mit Migrationshintergrund gezählt (Statistisches Bundesamt 2013, S.7). Für Hamburg wird ein Anteil von 25% und mehr ausgewiesen (a.a.O., S.16). Der Anteil der Personen mit Migrationshintergrund an der Bevölkerung unter 10 Jahren wird für Hamburg mit 40% und mehr angegeben (a.a.O., S.19).
Kulturelle Vielfalt ist gesellschaftliche Realität. Die statistische Kategorie »Migrationshintergrund« spielt vermutlich dabei für das Selbstverständnis der Menschen kaum eine Rolle.

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Einwurf: Zwischen den Stühlen?

Stichwort: Kultur

Stichwort: Interkulturelle Öffnung

Stichwort: Migrationshintergrund

Stichwort: MJSO

Einwurf: Integration

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Interkulturelle Öffnung der Jugendverbandsarbeit. Auch in der Jugendhilfe und in der Jugendverbandsarbeit wird die Diskussion um Integration und interkulturelle Öffnung geführt. Mit verschiedenen Aktivitäten und Projekten wird versucht, interkulturelle Öffnung in der Praxis umzusetzen. Beispielhaft sind einige davon, die gut dokumentiert sind, hier aufgeführt.
• Das Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit (IDA) listet in seiner Datenbank »Interkulturelle Öffnung« zurzeit 280 Projekte von Jugendverbänden auf (www.idaev.de/service/interkulturelle-oeffnung/). Die ersten Projekte davon fanden im Jahr 2002 statt.
• Von 2002 bis 2007 führte der Bayerische Jugendring das Aktionsprogramm Integration »Multi Action – aber wie!« durch (Bayerischer Jugendring 2008).
• Der Deutsche Bundesjugendring veranstaltete im Oktober 2003 eine Fachtagung mit dem Thema »Partizipation verbindet. Kinder und Jugendliche aus Zuwandererfamilien in Jugendverbänden – Chancen und Herausforderungen«. Man war sich einig, interkulturelles Lernen als verbandliche und gesellschaftliche Querschnittsaufgabe zu verstehen (Deutscher Bundesjugendring 2004).
• Der Landesjugendring Baden-Württemberg veröffentlichte 2004 die Arbeitshilfe »Ring frei – für Vielfalt«. Schwerpunktthema darin ist die Interkulturelle Öffnung.
• Im November 2005 wurde das Netzwerk interkultureller Jugendverbandsarbeit und -forschung (NiJaf) gegründet, das sich selbst die Aufgabe gegeben hat, »die Jugendverbandsarbeit bei der interkulturellen Öffnung und deren Verankerung als Querschnittsthema innerhalb der Jugendverbände zu unterstützen« (http://www.idaev.de/service/interkulturelle-oeffnung/nijaf/nijaf.html).
• Der Landesjugendring Nordrhein-Westfalen führte von 2007 bis 2010 das »Projekt Ö Integration durch Partizipation – Ein Projekt zur Interkulturellen Öffnung von Jugendringen und Jugendverbänden in NRW« durch. Daran schloss sich von 2010 bis 2012 das »Projekt Ö2 – Beratung von Jugendringen in Prozessen interkultureller Öffnung« an (Landesjugendring Nordrhein-Westfalen 2011 bzw. 2012).
Das Bundesjugendkuratorium äußerte sich 2008 in einer Pressemitteilung »Pluralität ist Normalität für Kinder und Jugendliche!«. Die Mitglieder fordern eine differenzierte Sichtweise im Integrationsdiskurs: »Kinder und Jugendliche sollten … in allen gesellschaftlichen Bereichen als individuelle Persönlichkeiten mit vielen Eigenschaften und verschiedenen Zugehörigkeiten betrachtet werden. Sie müssen in allen Feldern gesellschaftlicher Teilhabe repräsentiert sein. Kinder und Jugendliche – ob mit oder ohne Migrationsgeschichte – sind Teil des »Wir«; sie sind Teil der deutschen Gesellschaft. Die Gestaltung des Zusammenlebens ist eine dauerhafte Herausforderung für alle Mitglieder der Gesellschaft.« (Bundesjugendkuratorium 2008).
Trotz des klaren Bekenntnisses der Jugendverbände zu interkultureller Öffnung und den vielen durchgeführten Aktivitäten und Projekten kommen die Autoren/innen Seckinger, Pluto, Peuker und Gadow 2009 zu dem Schluss, dass Jugendverbände kein Spiegel der Migrationsgesellschaft sind. Denn Jugendliche mit Migrationshintergrund seien in der Regel in den Jugendverbänden unterrepräsentiert. Dies gelte erst recht bei den ehrenamtlich und hauptamtlich Aktiven (S. 13).

Wie sieht's bei den Jugendverbänden in Hamburg aus? Es gibt keine quantitativen Angaben über den Anteil von jungen Menschen mit (familiärer) Zuwanderungsgeschichte in den Jugendverbänden, denn dieser wird nicht erhoben. In Hamburg agieren 60 Jugendverbände, davon sind neun international ausgerichtet*. Einige weitere kleinere Verbände und Gruppen, die jedoch nicht einzeln als Jugendverband anerkannt sind, haben sich mit anderen Verbänden unter dem Dach der Arbeitsgemeinschaft Internationaler Jugendverbände (AGIJ) zusammengeschlossen (vgl. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg, Drucksache 20/1872, S.2). Die Freie und Hansestadt Hamburg fördert seit vielen Jahren die sogenannten Migranten/-innenjugendselbstorganisationen, hier insbesondere auch die AGIJ. Die AGIJ ist als einziger Jugendverband Mitglied im Integrationsbeirat der Stadt Hamburg.
Im Landesjugendring Hamburg (LJR) sind 14 Jugendverbände und vier Arbeitsgemeinschaften von Jugendverbänden (mit weiteren 27 Jugendverbänden und Jugendgruppen) Mitglied. In diesem Spektrum zählen u.a. die Alevitische Jugend Hamburg und der Internationale Jugendverband Europa-Lateinamerika zu den Jugendverbänden, deren Mitglieder über eine (familiäre) Zuwanderungsgeschichte verfügen. Bekannt sind darüber hinaus Kooperationen von Jugendverbänden und Gruppen von jungen Menschen mit (familiärer) Zuwanderungsgeschichte, z.B. zwischen der Evangelisch-methodistischen Jugend und der African Christian Church (s. punktum 1-2010).
Bei den ersten Infogesprächen zum neuen Projekt mit den LJR-Mitgliedsverbänden wurde deutlich, dass in unterschiedlich ausgeprägtem Umfang Kinder und Jugendliche mit (familiärer) Zuwanderungsgeschichte an den Angeboten der Jugendverbände teilnehmen. Es gibt sowohl Kooperationen zwischen diesen Gruppen und den Jugendverbänden (z.B. gemeinsam durchgeführte Veranstaltungen) als auch direkte Unterstützungsmaßnahmen (Qualifizierung der Mitglieder durch Teilnahme an Juleica-Schulungen von Jugendverbänden, Beratung beim Aufbau stabiler Strukturen bis hin zur Gründung von Jugendverbänden). Die Jugendverbände verfolgen dabei bislang jedoch kein Konzept der interkulturellen Öffnung.

Prinzipien und Öffnung. Die Prinzipien der Jugendverbandsarbeit sind Freiwilligkeit, Orientierung an den Interessen junger Menschen, Selbstorganisation, Ehrenamtlichkeit, demokratische Strukturen. Jugendverbände vertreten die Anliegen und Interessen junger Menschen. Sie setzen sich für eine umfassende Partizipation von Kindern und Jugendlichen an gesellschaftlichen Fragestellungen und Themen ein. Fragt man warum interkulturelle Öffnung ein Thema für Jugendverbände sein sollte, so ist eine Antwort: Partizipationsgerechtigkeit. »Partizipationsgerechtigkeit bedeutet für Jugendverbände, dass alle jungen Menschen in unserer Gesellschaft gleiche Möglichkeiten zur Teilhabe besitzen. Dies beinhaltet, dass für diejenigen, die davon ausgeschlossen sind, Möglichkeiten zur Teilhabe geschaffen werden müssen – innerhalb der Gesellschaft und innerhalb der Jugendverbände.« (Landesjugendring Nordrhein-Westfalen 2011, S. 213).
Bei den Jugendverbänden geht es also darum, durch interkulturelle Öffnung auf die gesellschaftliche Vielfalt einzugehen und eine gleichberechtigte Teilhabe aller jungen Menschen zu ermöglichen. Das Ziel ist »Menschen in ihrer Vielfalt und Verschiedenheit zu akzeptieren und ihnen die gleichen Rechte auf Teilhabe und Mitbestimmung zu gewähren.« (Landesjugendring Nordrhein-Westfalen, o. Jahr, S. 7).

Interkulturelle Öffnung der Jugendverbandsarbeit umfasst konkret zwei Ziele:
• die Einbeziehung von Kindern und Jugendlichen mit (familiärer) Zuwanderungsgeschichte in die Angebote und Gremien der bestehenden Jugendverbände und
• die Einbindung von Migranten/-innenjugendselbstorganisationen in die Strukturen der Kinder- und Jugendarbeit (vgl. NiJaf).
Für bestehende Jugendverbände ist inter-
kulturelle Öffnung ein Organisationsentwicklungsprozess, bei dem man Ziele definiert und diese mit geeigneten Maßnahmen und Methoden erreichen will.
Am Anfang steht die bewusste Entscheidung, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Das wird am besten von den Mitgliedern (der Gruppe, des Verbandes) gemeinsam beschlossen. Daraufhin sollte eine Bestandsaufnahme erfolgen, bei der überprüft wird, wie der Stand in der eigenen Gruppe oder dem eigenen Verband ist.

Ein Selbstcheck mit folgenden Fragen gibt einen ersten Überblick:
• Wie viele junge Menschen mit (familiärer) Zuwanderungsgeschichte nehmen an den Angeboten teil?
• Wie viele engagieren sich ehrenamtlich?
• Werden bei der Veranstaltungsplanung kulturelle oder religionsspezifische Bedürfnisse (z.B. religiöse oder kulturelle Feiertage, Essgewohnheiten) berücksichtigt?
• Waren interkulturelle Öffnung oder Respekt, Fremdenfeindlichkeit, Diskriminierung, Rassismus schon einmal Thema?
• Gab es bereits Fortbildungen zu interkulturellen Themen (bspw. interkulturelle Öffnung, Antirassismus, Antidiskriminierung, …)?
• Sind Kontakte zu Gruppen von jungen Menschen mit (familiärer) Zuwanderungs-
geschichte vorhanden?
• Bestehen Kooperationen?
• Gibt es Angebote, die Kindern und Jugendlichen den Zugang erleichtern (Angebotsformen, Teilnahmebeiträge)?
• Welche Hürden erschweren den Zugang?
• Wird das Thema interkulturelle Öffnung im Verband diskutiert?

Als nächstes werden das oder die Ziel/e festgelegt. Diese könnten z.B. sein …
• mehr junge Menschen mit (familiärer) Zuwanderungsgeschichte als Teilnehmende zu gewinnen,
• mehr jungen Menschen mit (familiärer) Zuwanderungsgeschichte verantwortungsvolle Aufgaben zu übertragen,
• Kooperationen mit Migranten/-innenjugendselbstorganisationen einzugehen,
• ehrenamtlich Engagierte (und ggf. Hauptamtliche) in interkultureller Kompetenz zu qualifizieren, …
Anschließend wird überlegt, wie das Ziel / die Ziele am besten erreicht werden können. Hier sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Mit der Umsetzung der Ziele in Maßnahmen und Methoden und der Überprüfung der Ergebnisse schließt sich der Kreis.

Bei den Überlegungen sollte bedacht werden, dass sich interkulturelle Öffnung auf verschiedene Ebenen bezieht. Auf einer individuellen Ebene geht es um die Einstellungen und Verhaltensweisen von Personen sowie um deren interkulturelle Kompetenz. Auf struktureller Ebene stehen die (meist unbeabsichtigten) Ausschlussmechanismen und deren Veränderung im Mittelpunkt. Und auf (jugend)politischer Ebene bedeutet es, sich öffentlich für die Interessen von Einwanderern einzusetzen (vgl. Landesjugendring Nordrhein-Westfalen, o. Jahr, S. 8-14).

Ausprobieren! Das eine Konzept zur interkulturellen Öffnung gibt es nicht. Jeder Prozess ist einzigartig und orientiert sich an den Zielen und Werten, dem Selbstverständnis, den Zielgruppen, den Strukturen und Arbeitsformen sowie den Themen und Angeboten des jeweiligen Verbandes. Jeder Jugendverband muss für sich selbst interkulturelle Öffnung definieren und den entsprechenden Organisationsentwicklungsprozess entwerfen. »Dazu braucht es Menschen, die nicht mehr »unter sich« bleiben wollen, sondern sich neugierig auf andere Lebenswelten einlassen. Außerdem braucht es Menschen, die genau hinschauen, an welchen Stellen andere ausgeschlossen werden und die Ideen dazu entwickeln, wie man das ändern kann.« (Landesjugendring Nordrhein-Westfalen, o. Jahr, S. 6).
Die Einbindung von Migranten/-innenjugendselbstorganisationen (MJSO) in die Strukturen der Kinder- und Jugendarbeit ist das zweite Ziel interkultureller Öffnung. Das setzt voraus, dass man MJSO als Interessenvertretung anerkennt. »In einer Einwanderungsgesellschaft geht es darum, Selbstorganisation zuzulassen und zu fördern. Dabei geht es also auch um die Selbstorganisation der Erwachsenen und Jugendlichen mit Zuwanderungsgeschichte, und damit um die Ausdifferenzierung und Erweiterung der Vielfalt zivilgesellschaftlicher Akteure.« (Landesjugendring Nordrhein-Westfalen, 2011, S. 12).

Die meist ehrenamtlich arbeitenden MJSO benötigen dafür Unterstützung. Von den Jugendverbänden kann das zum Beispiel die Beratung und damit die Weitergabe von Wissen sein. Wissenstransfer kann auch stattfinden, indem die Teilnahme an Juleica-Schulungen ermöglicht wird (als Teilnehmende oder Teamer/in). Bei Kooperationsprojekten können alle Beteiligten voneinander lernen. Jugendverbände können die Aufnahme von MJSO in den Jugendring unterstützen oder Zugänge in jugendpolitische Netzwerke vermitteln. Oder sich allgemein für die Förderung der MJSO einsetzen (vgl. Landesjugendring Nordrhein-Westfalen, o. Jahr, S. 13). Damit Jugendverbände das leisten können, benötigen auch sie wiederum Unterstützung.

Rahmenbedingungen. Auch Politik und Verwaltung sind aufgefordert, hier ihren Beitrag an Beratung und Unterstützung einzubringen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge benennt beispielsweise im bundesweiten Integrationsprogramm die folgenden vereins-externen förderlichen Faktoren für die Unterstützung von MJSO: »Finanzielle Förderung und Hauptamtlichkeit spielt auch bei der Strategie des Empowerments von Vereinen jugendlicher Migranten eine entscheidende Rolle. Aufgrund ihres Status quo (Ehrenamtlichkeit, keine lange Vereinstradition, kaum Erwachsenenverbände mit Mentorenrolle, wenig Kontakte zu anerkannten Jugendverbänden und deren Interessensvertretungen) sind sie auf gezielte Unterstützung angewiesen. Förderlich sind Projektzusammenhänge, die spezifische Förderung – insbesondere aber nicht ausschließlich auf finanzieller Ebene – für Vereine von Jugendlichen mit Migrationshintergrund zur Verfügung stellen.« (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2010, S.143). Auf die Bedeutung von personellen, räumlichen und finanziellen Ressourcen weisen auch das Deutsche Jugendinstitut und die Fachhochschule Köln in ihrem Abschlussbericht zum Forschungsprojekt »Interkulturelle Öffnung in der verbandlichen Jugendarbeit – Stand, Möglichkeiten und Hindernisse der Realisierung« hin (Fachhochschule Köln / Deutsches Jugendinstitut 2011, S. 47f.).

Ran an‘s Projekt. Interkulturelle Öffnung ist ein Prozess, der Zeit benötigt. Jeder Jugendverband muss für sich selbst entscheiden, loszugehen und dann die ersten Schritte unternehmen. Unterwegs lernen wir andere Menschen kennen und können gemeinsam Neues aufbauen. Machen wir uns auf den Weg!

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Literatur:

Bayerischer Jugendring (Hg., 2008): »Multi Action – aber wie!« Jugendarbeit für mehr Integration von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Abschlussdokumentation. München

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (2010): Bundesweites Integrationsprogramm. Angebote der Integrationsförderung in Deutschland – Empfehlungen zu ihrer Weiterentwicklung. Nürnberg

Bundesjugendkuratorium (2008): Bundesjugendkuratorium fordert differenzierte Sichtweise im Integrationsdiskurs. Pressemitteilung vom 15. April 2008
(www.bundesjugendkuratorium.de)

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg (2011): Drucksache 20/1872, Förderung der Jugendverbände in Hamburg

Deutscher Bundesjugendring (2004): Partizipation verbindet. Schriftenreihe Nr. 40. Berlin

Fachhochschule Köln / Deutsches Jugendinstitut (2011): Abschlussbericht zum Forschungsprojekt »Interkulturelle Öffnung in der verbandlichen Jugendarbeit – Stand, Möglichkeiten und Hindernisse der Realisierung«. Köln/München (http://www.vielfalt-tut-gut.de/content/e4458/e8192/Abschlussbericht_barrierefrei.pdf)

Handschuck, Sabine / Schröer, Hubertus (2012): Interkulturelle Orientierung und Öffnung. Augsburg

Landesjugendring Baden-Württemberg (Hg., 2004): Ring frei – für Vielfalt. Arbeitshilfe zum Fairplay in der interkulturellen Jugendarbeit. Stuttgart

Landesjugendring Hamburg (Hg., 2010): Wege zur Medienkompetenz junger Menschen. punktum 1/2010. Hamburg

Landesjugendring Nordrhein-Westfalen (Hg., 2011): Integration durch Partizipation – Interkulturelle Öffnung von Jugendringen und Jugendverbänden in NRW – Abschlussdokumentation von Projekt Ö. Neuss

Landesjugendring Nordrhein-Westfalen (Hg., 2012): Projekt Ö2 – Beratung von Jugendringen in Prozessen interkultureller Öffnung. Neuss

Landesjugendring Nordrhein-Westfalen (Hg., o. Jahr): »Bitte öffnen!« Einführung in die interkulturelle Öffnung der Jugendverbandsarbeit – eine Anleitung für Jugendleiterinnen und Jugendleiter.

Meier-Braun, Karl-Heinz (2002): Deutschland, Einwanderungsland. Frankfurt am Main

Presse- und Informationsamt der Bundesregierung / Die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration (Hg., 2007): Der Nationale Integrationsplan. Neue Wege – neue Chancen. (www.bundesregierung.de/Content/DE/Archiv16/Artikel/2007/07/Anlage/2007-10-18-nationalerintegrationsplan.pdf?__blob=publicationFile&v=2)

Netzwerk interkultureller Jugendverbandsarbeit und –forschung (NiJaf), www.idaev.de/service/interkulturelle-oeffnung/nijaf

Seckinger, Mike / Pluto, Liane / Peuker, Christian / Gadow, Tina (2009): DJI-Jugendverbandserhebung. Befunde zu Strukturmerkmalen und Herausforderungen. Deutsches Jugendinstitut. München

Statistisches Bundesamt (2006): Leben in Deutschland. Haushalte, Familien und Gesundheit – Ergebnisse des Mikrozensus 2005. Presseexemplar (www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/Bevoelkerung/HaushalteMikrozensus/HaushalteFamilienGesundheitPresse5122119059004.pdf?__blob=publicationFile)

Statistisches Bundesamt (2009): Bevölkerung und Erwerbstätigkeit. Bevölkerung mit Migrationshintergrund – Ergebnisse des Mikrozensus 2005 – Fachserie 1 Reihe 2.2. Wiesbaden (www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/Bevoelkerung/MigrationIntegration/Migrationshintergrund2010220057004.pdf?__blob=publicationFile)

Statistisches Bundesamt (2013): Bevölkerung und Erwerbstätigkeit. Bevölkerung mit Migrationshintergrund – Ergebnisse des Mikrozensus 2012 – Fachserie 1 Reihe 2.2. Wiesbaden (www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/Bevoelkerung/MigrationIntegration/Migrationshintergrund2010220127004.pdf?__blob=publicationFile)

Unabhängige Kommission »Zuwanderung« (2001): Zuwanderung gestalten – Integration fördern (www.bmi.bund.de/cae/servlet/contentblob/123148/publicationFile/9076/Zuwanderungsbericht_pdf.pdf)