Landesjugendring Hamburg e.V.
Heft 2-2009, Rubrik Kommentar

Das Grundgesetz, die Meinungsfreiheit und die Abwehr von Kinderpornografie

Von Gregor Best, LJR-Vorsitzender

Am 23. Mai 2009 wurde das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland 60 Jahre alt. Dazu erst einmal herzlichen Glückwunsch. Und auch wenn es in den letzten Jahren und Jahrzehnten mehrfach geändert wurde, so können wir froh sein, eine solche Verfassung zu haben.

Artikel 5, um nur einen stellvertretend für die 146 Artikel des Grundgesetzes zu nennen, sichert die Meinungsfreiheit zu. So muss keiner Angst vor Repressalien haben, nur weil sein Standpunkt nicht in den öffentlichen Mainstream passt. Der Artikel schützt auch vor staatlicher Zensur. Doch wie lange noch ist dies möglich?

Mit dem Argument der Terrorabwehr wurden in den letzten Jahren bereits mehrfach die Bürgerrechte massiv eingeschränkt. Nicht immer im Grundgesetz selbst, auch andere Gesetze wurden vielfach erweitert, geändert oder teilweise komplett neu geschrieben. Die Terrorabwehr scheint derzeit aber nicht mehr die erstbeste Begründung zu sein. Denn es gibt argumentative Alternativen, gegen deren gute Absichten eigentlich niemand etwas haben kann.

So wirbt beispielsweise die Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen aktuell für die Zensur von Internetseiten mit kinderpornografischen Inhalten. Durchaus begrüßenswert, dass gegen diesen Missbrauch von Wehrlosen vorgegangen wird.

Abgesehen von der Tatsache, dass Kinderpornografie bereits seit Jahren verboten ist, erstaunt das Mittel dagegen schon. Anstatt sich intensiv mit der Löschung der fraglichen Websites und der strafrechtlichen Verfolgung ihrer Anbieter zu beschäftigen, ist der Plan, diese via selektiver Internetsperren seitens der Provider zu zensieren. »Der rechtsfreie Raum«, welcher das Netz glücklicherweise nicht ist, soll bekämpft werden. Zensur lautet das Zauberwort der Stunde!

Kein Wunder, dass – aus Sorge vor einer Erweiterung dieser angedachten Netzeinschränkung – eine aktuelle Petition gegen die Änderung des Telemediengesetzes an den deutschen Bundestag von über 130.000 Menschen unterzeichnet wurde. Diese ist – zumindest was die Anzahl der Unterzeichner betrifft – die erfolgreichste Petition bisher.
Es sind keine Pädophilen, die hier unterschrieben haben – sondern Menschen, die Angst haben. Angst, ihr Recht auf Informationsfreiheit zu verlieren. Scheinbar auch nicht grundlos. Eine Äußerung des Bundestagsabgeordneten Thomas Strobl (CDU) mutet als bezeichnendes Menetekel an: »In jedem Fall sollte [...] in der Debatte, welche Maßnahmen zur Gewaltprävention [zu ergreifen seien], die von den Bundesministern von der Leyen und Schäuble vorgeschlagene Sperrung von kinderpornografischen Seiten im Internet mit Blick auf Killerspiele neu diskutiert werden.«

Kinderpornografie, Killerspiele und dann die kritischen Texte? Wo ist das Ende der möglichen Zensur? Ich jedenfalls möchte weiterhin in einem demokratischen Land leben. Einem Land, in dem man seine eigene Meinung haben und diese laut verkünden darf. Einem friedlichen Land ohne Zensur, in dem aber Straftaten geahndet werden. Und dies auch noch in 60 Jahren.