Landesjugendring Hamburg e.V.
Heft 3-2009, Rubrik Titelthema

Europäische Wegmarken der Jugendpolitik

Von Jürgen Garbers, LJR Hamburg

Die Einbeziehung Jugendlicher und junger Menschen in die europäische Politik ist ein relativ junges Tätigkeitsfeld. Denn erst mit dem Vertrag von Maastricht aus dem Jahr 1993 (vgl. Artikel 126 Absatz 2) wird der Horizont der EU-Politiken um den »Bereich Jugend« erweitert. Die Europäische Union formuliert die Agenda, »den Ausbau des Jugendaustauschs und den Austausch sozialpädagogischer Betreuer zu fördern«.

Konkretisierung. Die folgende Wegmarke in der EU-Politik markiert das »Weißbuch Jugend« vom November 2001. Die EU-Mitgliedsstaaten
werden erstmalig aufgefordert, die Zusammenarbeit in vier vorrangigen Jugendbereichen zu verstärken: Partizipation, Information und Freiwilligentätigkeit – sowie Jugenddiskurs (»Die Jugend besser verstehen und mehr über sie erfahren«).

Auf der Basis dieses Weißbuchs entwickelt der Rat der Europäischen Union im Juni 2002 einen inhaltlichen Rahmen für die europäische Zusammenarbeit im Jugendbereich. 2005 wird dieser aktualisiert, um den »Europäischen Pakt« explizit auf junge Menschen auszudehnen. Der Rahmen weist nunmehr drei Hauptausrichtungen auf: die aktive Bürgerschaft junger Menschen, die soziale und berufliche Eingliederung junger Menschen sowie die zu intensivierende Berücksichtigung der Bedürfnisse Jugendlicher in anderen Politikbereichen (insbesondere Nichtdiskriminierung und Gesundheit).

Wegmarke zur Förderung. Das Programm »Jugend in Aktion« startet 2007 mit einer beachtlichen Mittelausstattung. Bis einschließlich 2013 stellt Brüssel insgesamt 886 Millionen Euro für Jugendgruppen, gemeinnützige Vereine und Einrichtungen der Jugendarbeit in 31 Ländern zur Verfügung. Damit möchte die EU »Bürgersinn, Solidarität und demokratisches Engagement unter jungen Menschen stärken und ihnen zu mehr Mobilität und Zusammenarbeit in Europa verhelfen«. Das Programm fördert Jugendbegegnungen und Jugendinitiativen mit europäischen Kontexten sowie den europäischen Freiwilligendienst. Zudem werden Projekte der partizipativen Demokratie sowie Trainings und Vernetzungsmaßnahmen junger Menschen unterstützt.

Eine neue Politik? Mit der kommenden EU-Jugendstrategie »Investitionen und Empowerment« – sie steht kurz vor der Verabschiedung bei der EU-Ratssitzung Ende November in Schweden – könnte die nächste, bedeutende Wegmarke in der Entwicklung europäischer Jugendpolitik erreicht werden. Sie bezeichnet einen Richtungswechsel. Während bislang sozial- wie jugendpolitische Förderungs- und Austauschmaßnahmen die EU-Agenda dominieren, will die neue Strategie den Bereich Jugend in die marktwirtschaftliche Systemlogik der EU einordnen. Jugend wird als »junges Humankapital« betrachtet, das im Rahmen der »Lissabon-Strategie« für Wachstum und Beschäftigung »gehegt und gepflegt« werden soll. Welche Auswirkung diese Neuorientierung auf die nationale Jugendhilfe in Deutschland haben kann, diskutiert punktum in den Interviews mit dem Sozialwissenschaftler Andreas Thimmel (S. 5) und der EU-Parlamentarierin Helga Trüpel (S. 8). Spannend ist zudem der Blick auf die Hamburger Senatspolitik. Denn auch der Senat erarbeitet ein europapolitisches Jugendkonzept (S. 10).