Landesjugendring Hamburg e.V.
Heft 2-2010, Rubrik Titelthema

Unterwegs

Junge Menschen, voll bepackt mit schweren Rucksäcken, laufen an meinem Bürofenster vorbei. Sie sind gut gelaunt, winken mir zu. Einige kenne ich vom Sehen, es sind aber auch einige unbekannte neue Gesichter mit dabei. Der Umtrieb rund ums Büro hat einen Grund: Das Pfingstwochenende steht unmittelbar bevor!
In mir steigt ein besonderes Gefühl auf. Etwas Wehmut ist mit dabei, aber es ist mehr die Mischung aus Vorfreude und Anspannung, die mich erfasst hat. Jeder Jugendverband wird an den kommenden Tagen aktiv sein, jeder auf seine eigene Weise. Da die allermeisten mit dem Zelt unterwegs sein werden, geht mein Blick von der Gruppe Richtung Himmel: Wird das Wetter halten?

Die Gruppe vor meinem Fenster ist abgefahren und ich fahre in Gedanken mit. Wie viele Kinder werden heute das erste Mal ohne Eltern unterwegs sein? Wie viele Jungen und Mädchen werden heute das erste Mal im Freien übernachten, abwaschen oder mit anderen teilen? Wie viele Heranwachsende werden heute Nacht das erste Mal so richtig begreifen, dass nur so viel Feuer sie wärmen kann, wie sie selbst Holz dafür gesammelt haben? Wie viele werden in den nächsten Tagen erkennen, dass sie die Welt verändern können, dieses aber einige Mühe macht? Und: Wie viele Jugendleiter/innen werden nach diesen anstrengenden Tagen sagen: »Jip, es hat funktioniert«?

Während die Gruppe gerade erst in ihr Abenteuer gestartet ist, wandern meinen Gedanken weiter. Ich frage mich, wer außer mir und den unmittelbar Betroffenen nimmt Notiz von dem, was vor meinem Fenster begonnen hat? So entstand die Idee für diese Ausgabe von punktum.

Aber punktum wäre nicht punktum, würde sie lediglich über Aktivitäten informieren. Unser Anspruch ist es, für eine noch breitere gesellschaftliche Unterstützung zu werben.

Jugendverbände, gibt es die überhaupt noch? Ernsthaft bezweifelt wird die Existenz von Jugendverbänden nicht. Aber manchmal wird gefragt, wie relevant diese Form von Jugendarbeit noch ist?
In dieser Ausgabe ist von größeren und kleineren Aktivitäten aus sieben Jugendverbänden die Rede. punktum hätte noch weit mehr veröffentlichen können, denn längst nicht alle Verbände bzw. verbandliche Aktivitäten sind hier genannt.

Jugendverbände, was machen die eigentlich? Wer das nicht weiß, der kann es Jahr für Jahr an Pfingsten in allen Facetten erleben. Zelten, Lagerfeuer und Gitarre werden Jugendverbänden als Erstes zugeschrieben, und auf den nachfolgenden Seiten werden sie oft genannt. Auch die Pfadfinder, der bekannteste Teil der Jugendverbandsbewegung, kommen häufig vor. Aber das Spektrum ist wesentlich breiter. Unsere Autoren berichten u. a. von der Arche Warder, von Wattwanderern und von einer Konferenz, bei der eine neue Vereinsleitung gewählt wurde.

Jugendverbände, wen erreichen die? Weit mehr, als man denkt. Unsere Autoren schreiben über Aktivitäten mit Kindern, aber auch von solchen für und von Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Wie viele junge Menschen insgesamt durch Jugendverbände bewegt wurden, weiß niemand. Addiert man allein die nachfolgend genannten Teilnehmendenzahlen, kommt man bereits auf weit mehr als 800 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene.

Pfingsten ist vorüber und das Wetter hat dieses Jahr gehalten. Es gilt Dank zu sagen, an die vielen Ehrenamtlichen, die mit ihren Gruppen unterwegs waren und Verantwortung für sich und andere übernommen haben. An die Freie und Hansestadt Hamburg, die solche Maßnahmen aus dem Förderplan »Jugend und Familie« finanziell unterstützt, und an die Autoren, die für uns die folgenden Sätze aus dem Kinder- und Jugendhilfegesetz konkret werden ließen: »In Jugendverbänden und Jugendgruppen wird Jugendarbeit von jungen Menschen selbst organisiert, gemeinschaftlich gestaltet und mitverantwortet. Ihre Arbeit ist auf Dauer angelegt und in der Regel auf die eigenen Mitglieder ausgerichtet, sie kann sich aber auch an junge Menschen wenden, die nicht Mitglieder sind. Durch Jugendverbände und ihre Zusammenschlüsse werden Anliegen und Interessen junger Menschen zum Ausdruck gebracht und vertreten« (§12 SGB VIII).
Die Chiffre, die unsere Autoren gefüllt haben, hätte auch heißen können: »Jugendverbände sind Werkstätten der Demokratie« oder »Lernen ist mehr als Schule«. (Carlo Klett, Landesjugendring Hamburg)