Landesjugendring Hamburg e.V.
Heft 3-2014, Rubrik Vielfältige Jugendarbeit

»Außerschulische Jugendarbeit bereichert die schulische Welt!«

Interview mit Senator Ties Rabe zur Einführung des Zeugnisbeiblattes über ehrenamtliches Engagement

Die Veranstaltung »Fraktion im Dialog« bildete im Frühjahr 2013 den Auftakt: Zahlreiche junge Ehrenamtliche debattierten mit Abgeordneten der SPD-Bürgerschaftsfraktion über das Problem, dass die Schul- und Studien-reformen der letzten Jahre die Freiräume für ehrenamtliches Engagement beeinträchtigen. Der Landesjugendring griff die Thematik auf – u. a. im Gespräch mit dem Senator der Behörde für Schule und Berufsbildung Ties Rabe. Die zentralen Fragen lauteten: Wie kann die Anerkennung von jugendlichem Ehrenamt verbessert werden? Und: Gibt es Möglichkeiten, Schülern/innen an Ganztagsschulen für ein Engagement im Jugendverband am Nachmittag freizustellen? Senator Rabe begrüßte die Idee einer Würdigung des jugendlichen Engagements und wies auf den Beschluss der Kultusministerkonferenz vom Dezember 2012 hin, der bereits die Anerkennung außerunterrichtlich erbrachter Lernleistungen explizit befürwortet. So entstand die gemeinsame Idee zur Entwicklung eines Beiblattes zum Schulzeugnis, welches in den letzten Monaten in enger Zusammenarbeit zwischen dem Landesjugendring und der Behörde für Schule und Berufsbildung realisiert wurde. Das Zeugnisbeiblatt soll voraussichtlich zum Schulhalbjahr 2014/2015 eingeführt werden und steht dann zum Download auf der Homepage des Landesjugendringes zur Verfügung. Damit findet das außerschulische und informelle Lernen im Jugendverband erstmals in Hamburg eine einheitliche Anerkennung neben den schulischen Leistungen.

LJR: Herr Senator Rabe, mal zurückgeblickt auf Ihre Bildungsvita: Wo haben Sie jenseits von Schule und Uni am meisten gelernt? Ties Rabe: Konzentration, Disziplin und Kondition habe ich am meisten als Bandmusiker auf der Bühne gelernt, Optimismus und Lebensfreude in den Teenager-Teerunden mit meiner späteren Ehefrau und Menschenkenntnis im Zivildienst im Krankenhaus.

LJR: Bildung ist also mehr als Schule. Junge Menschen lernen nicht nur in formalen Settings, sondern für Ihre Entwicklung spielen gerade auch non-formale Bildungsprozesse eine wichtige Rolle. Wie kann Schule von außerschulischer Jugendarbeit – die sich informell und selbstbestimmt gestaltet – profitieren? Ties Rabe: In der Schule geht es nicht nur darum, Englisch, Mathematik und Grammatik zu lernen. Es geht darum, dass junge Menschen ihre Persönlichkeit entfalten können. Gerade dieser Aspekt spielt in der außerschulischen Jugendarbeit eine große Rolle. Sie bereichert damit auch die schulische Welt, indem sie jungen Menschen Herz und Sinne für das Miteinander öffnet.

LJR: Wie kann in diesem Kontext durch das Beiblatt das ehrenamtliche Engagement gewürdigt werden? Ties Rabe: Auch meine Kinder haben eine Jugendleiter/innen-Ausbildung gemacht und die Juleica erworben. Daher weiß ich, dass es sich um ein anspruchsvolles und wichtiges Projekt handelt. Genau solche außerschulischen Leistungen gehören deshalb auch ins Zeugnis. Mit dem Beiblatt zum Zeugnis möchte die Schulbehörde gemeinsam mit dem Landesjugendring den Wert der Juleica betonen und erreichen, dass die mit der Juleica erworbenen Kompetenzen von der Schule, den Eltern und der Öffentlichkeit besser anerkannt und gewürdigt werden.

LJR: Im Hinblick auf die jüngst vom Senat beschlossene Engagementstrategie 2020, an deren Erarbeitungsprozess ja auch Ihre Behörde beteiligt war: Wie können zeitliche Freiräume für ehrenamtliches Engagement im Ganztagsbetrieb von Schule geschaffen werden? Ties Rabe: Grundsätzlich will der Senat die Rahmenbedingungen für das Engagement in unserer Stadt im Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern weiterentwickeln. Im Bildungsbereich sind wir stolz darauf, dass immer mehr Initiativen und ehrenamtlich engagierte Menschen unsere Schülerinnen und Schüler sowie unsere Schulen in vielfältigen Projekten unterstützen. Die Schulen im Ganztag haben jetzt dafür auch mehr Zeit. Da gibt es auch für Jugend- und Sportverbände und andere Träger neue Gestaltungsräume. Immer mehr Schulen beziehen das soziale und außerschulische Engagement ihrer Schüler in ihre Unterrichtsprojekte ein bzw. sie verbinden dieses mit den schulischen Lern- und Erziehungskonzepten. Das ist eine große Chance für beide Seiten – aber auch eine nicht immer einfache Aufgabe. Schule und die vielen außerschulischen Angebote müssen Schritt für Schritt zusammenwachsen, das nützt beiden.